Nachdem ich mir vor einigen Tagen einen Lehrvortrag eines sehr engagierten katholischen Theologen aus der charismatischen Erneuerung über das “Sprachengebet” angehört habe (siehe auch seinen interessanten BASIC Podcast), möchte ich in diesem Beitrag auf ein paar – nach einem Verständnis – weit verbreitete falsche Vorstellungen bzgl. der Gabe der “Zungenrede” eingehen.
Gleich vorweg gesagt: ich bin weder ein vorbehaltloser Befürworter, noch ein ausgesprochener Gegner der charismatischen Bewegung. Ganz im Gegenteil. Viele meiner Ansichten könnte man grundsätzlich als charismatisch bezeichnen. So halte ich es für sehr wichtig, dass jeder Christ eine lebendige (Liebes-) Beziehung zu Gott pflegt und seine von Gott geschenkten Gaben zu Gottes Verherrlichung und zum Aufbau der Kirche Gottes einsetzt. Und natürlich glaube ich, das der Heilige Geist auch heute noch Wunder bewirken kann (und dies auch tut).
An den charismatischen Gemeinden schätze ich übrigens den meist sehr ausgeprägten Eifer für Gott, ihre Hingabe, ihre bewusst leidenschaftliche Beziehung zu Gott und ihren praktischen Sinn. So wird z.B. in den mir bekannten charismatischen Gemeinden nicht nur einfach “herumtheologisiert” (das zwar auch, da die Glaubenslehre natürlich wichtig ist), sondern vor allem ganz praktisch im Glauben gehandelt (hier bei uns z.B. durch einen christlichen Kindergarten, in dem übrigens auch meine Frau Connie arbeitet und unsere Kinder Paul und Lennart betreut werden, und durch ein sehr ansprechend gestaltetes Generationenzentrum für alt und jung). Ein solches Engagement würde ich mir in der ganzen Kirche wünschen.
Andererseits kritisiere ich an der charismatischen Bewegung manche Einseitigkeit in der Lehre und der Praxis, z.B. was die Charismen, also die Gaben des Heiligen Geistes angeht oder auch den mir persönlich etwas überbetonten bzw. einseitigen Lobpreis (so wichtig und gut auch das Loben und Preisen von Gott und Seiner Güte ist). Andererseits hat natürlich jede christliche Bewegung so ihre Schwerpunkte und der Segen, der von der charismatischen Bewegung im Allgemeinen ausgeht und auch die positive Korrektur, die sie so manch verkrusteter Gemeinde entgegenstellt ist m.E. sehr zu begrüßen.
Zurück zur Gabe der Zungenrede: Zungenrede wird in der Bibel als das vom Heiligen Geist (spontan) gewirkte Reden in fremden Sprachen bezeichnet (vgl. Apg 2,4-11; Apg 10,44-47; Apg 19,5-6). Das Wunder der Zungenrede bestand darin, dass Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt wurden auf einmal anfingen, Gott zu loben und zu preisen (ggf. auch zu weissagen, d.h. prophetisch zu reden) und dabei zudem auch noch von Menschen aus anderen Ländern verstanden zu werden.
Es gibt nun m.E. einige weit verbreitete falsche Vorstellungen über die Gabe der Zungenrede (sowohl bei den Charismatikern wie auch bei den Nicht-Charismatikern), die ich im Folgenden aufzählen möchte (warum ich sie für falsch halte, werde ich weiter unten zu begründen versuchen):
- Die Gabe der Zungenrede stirbt biblisch gesehen irgendwann zwangsläufig aus (und zwar mit dem Ableben der Apostel bzw. der Menschen, denen sie die Hände zur Vermittlung der Geistesgaben auflegten oder spätestens mit Vollendung der Bibel bzw. des Neuen Testaments).
- Die Zungenrede wie sie in der Bibel beschrieben ist umfasst auch eine Art Gesang in völlig unverständlichen (d.h. unbekannten) Sprachen und legitimiert damit die heute in charismatischen Gemeinden zumeist praktizierte Form der Zungenrede.
- Paulus hält die Praxis der Zungenrede grundsätzlich nicht für gut und wichtig.
- Jeder Christ kann die Zungenrede “erlernen” (wenn er nur will und darum bittet)