Wie oft fällt uns das Gebet schwer oder wir fragen uns, warum wir es überhaupt tun sollten? Ist es nicht Zeitverschwendung? Werden unsere Gebete überhaupt erhört? Wenn nicht, warum sollte ich dann trotzdem weiterbeten?
Die englische Inklusin Juliane von Norwich (1342-1416) schreibt dazu:
Das Gebet vereint die Seele mit Gott. Obwohl unsere Seele ihrer Natur nach immer Gott ähnlich ist, da sie durch die Gnade wiederhergestellt wurde, ist sie ihm doch oft unähnlich durch die Sünde. In diesem Fall bezeugt das Gebet, dass die Seele nach dem streben soll, was der Wille Gottes ist; es tröstet das Gewissen und macht uns bereit, Gnade zu empfangen. So lehrt Gott uns, mit festem Vertrauen zu beten, dass wir empfangen werden, worum wir beten; denn er schaut uns liebevoll an und möchte uns in sein heilsames Wollen und Wirken einbeziehen. Er regt uns also an, um das zu beten, was er tun möchte […]; er scheint uns sagen zu wollen: „Was könnte mir besser gefallen, als dass ihr mich innig, mit Weisheit und Beharrlichkeit bittet, meine Heilspläne auszuführen?“ Durch das Gebet wird also die Seele in Übereinstimmung mit Gott herbeigeführt. […] Wenn der Herr sich aber, gnädig und liebenswürdig wie er ist, unserer Seele offenbart, dann ist er selbst die Erfüllung all unserer Wünsche. In solchen Momenten wissen wir nicht mehr, worum wir sonst noch bitten könnten. Unser ganzes Verlangen und unsere ganze Kraft sind nur darauf gerichtet, den Herrn zu betrachten. Dies ist ein erhabenes, ein unauslotbares Gebet, wie mir scheint. Unser Beten besteht dann nur noch darin, durch Betrachtung und Kontemplation mit ihm eins zu werden, zu dem wir beten: in wunderbarer Freude und ehrfürchtiger Scheu, in so großer Süßigkeit und Wonne, dass wir in solchen Augenblicken nur noch so beten können, wie er uns führt. Ich weiß: Je mehr sich Gott der Seele offenbart, desto mehr dürstet sie nach ihm, dank seiner Gnade. Wenn wir ihn jedoch nicht wahrnehmen, dann verspüren wir in unserer Schwachheit und Unfähigkeit das dringende Bedürfnis, zu Jesus zu beten.
Offenbarungen der göttlichen Liebe, Kap. 43 (ins Dt. übers. © evangelizo)
Der Text von Juliana von Norwich lädt uns zu einer tiefgehenden Betrachtung über das Wesen des Gebets ein und zeigt dessen transformative Wirkung auf die Seele. Welche zentralen Aussagen können wir daraus mitnehmen, um die Bedeutung des Gebets besser zu verstehen?
1. Vereinigung mit Gott: Das Gebet wird als ein Mittel verstanden, durch das die Seele mit Gott verbunden wird. Trotz der Ähnlichkeit der Seele mit Gott durch die Gnade, wird durch Sünde eine Trennung bewirkt. Das Gebet hilft, diese Trennung zu überwinden und den Willen Gottes anzustreben.
2. Gnade und Vertrauen: Das Gebet tröstet das Gewissen und bereitet die Seele darauf vor, Gnade zu empfangen. Es fordert den Beter auf, mit Vertrauen und Beharrlichkeit zu beten, da Gott uns liebevoll ansieht und in sein Heilshandeln einbeziehen möchte.
3. Beten im Einklang mit Gottes Willen: Gott möchte, dass wir um das bitten, was seinem Willen entspricht, und lädt uns ein, Teil seiner Heilspläne zu sein. Dies macht das Gebet zu einem Akt der Übereinstimmung mit Gott.
4. Erfüllung in Gott: Wenn Gott sich der Seele offenbart, wird er selbst zur Erfüllung aller Wünsche. In diesen Momenten verliert der Mensch den Drang, um etwas anderes zu bitten, da er in der Betrachtung und Kontemplation Gottes aufgeht.
5. Hunger nach Gott: Die Offenbarung Gottes weckt ein noch größeres Verlangen nach ihm. In der Abwesenheit dieser Offenbarung wird jedoch das Bedürfnis, sich an Jesus zu wenden, umso stärker empfunden.
6. Kontemplatives Gebet: Das höchste Gebet ist ein kontemplatives Einswerden mit Gott, geprägt von Freude, Ehrfurcht und einem Gefühl der Wonne, bei dem der Mensch sich von Gott führen lässt.
Juliana beschreibt also das Gebet als einen Weg zur inneren Umgestaltung, durch den die Seele ihre Ausrichtung auf Gott erneuert und eine immer tiefere Beziehung zu ihm eingeht. Es ist ein Prozess des Strebens, der Gnade und der Kontemplation, der schließlich in der vollen Vereinigung mit Gott mündet.
(Hinweis: Die Texte und das Titelbild wurden mithilfe einer KI erstellt, jedoch manuell überprüft und bearbeitet)
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