Hier folgt nun die Fortsetzung meines Artikels “Beliebte Irrtümer über die kath. Kirche (Teil 1)”.
Ich gehe zunächst nochmal auf das im Teil 1 zuletzt angeführte Zitat aus dem Artikel “Die römisch-katholische Lehre im Lichte der Heiligen Schrift” von K.L. Brooks ein und gebe es hier in erweiterter Form wieder:
Sind die Überlieferungen (z. B. der “Kirchenväter”) inspiriert?
Sie wurden erst im Mittelalter von Mönchen herausgebracht. Davor hat man nichts von ihnen gehört. In der Heiligen Schrift sind sie nie enthalten gewesen. Sie widersprechen der Heiligen Schrift. Die hauptsächlichsten Lehren des Katholizismus gründen sich auf Überlieferungen.
Matthäus 15,3: “Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Warum übertretet auch ihr das Gebot Gottes um eurer Überlieferung willen?”
V. 6: “Und ihr habt so das Gebot Gottes ungültig gemacht um eurer Oberlieferung willen.”
V. 9: “Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.”
Der Katholizismus lehrt:
Die Heilige Schrift darf nur so verstanden werden, wie sie von der Kirche ausgelegt wird. Sie enthält Stellen, die vom Laien missverstanden werden können und ihm zum Schaden gereichen.
Mit der Überschrift wird der kath. Kirche quasi unterstellt, dass sie (außerbiblische) kirchliche Überlieferungen (inkl. der Schriften der Kirchenväter) als “inspiriert”, d.h. vom Hl. Geist eingegeben ansieht und damit der Hl. Schrift gleichstellt. Das ist aber nicht der Fall. Die kath. Kirche unterscheidet sehr wohl zwischen der vom Hl. Geist inspirierten (lehrmäßig unfehlbaren) Bibel und anderen (fehlbaren) Schriften. Und die Kirche weiß natürlich, dass auch die Kirchenväter irren können (genauso wie die heutigen Theologen). Jedoch haben die Kirchenväter eine sehr wichtige theologische Grundlagenarbeit geleistet und ihre Schriften sind eine große Hilfe zum Verständnis der Hl. Schrift und der Lehre Christi im Allgemeinen.
K.L. Brooks will durch die angefügten Bibelzitate aus dem Matthäus-Evangelium offensichtlich nachweisen, dass die kath. außerbiblischen Überlieferungen grundsätzlich gegen die Schrift bzw. gegen Gottes Willen sei. Wenn man jedoch mal den Kontext der zitierten Bibelverse ansieht, merkt man schnell um was es Jesus an dieser Stelle wirklich geht:
“1 Da kamen von Jerusalem Pharisäer und Schriftgelehrte zu Jesus und sagten: 2 Warum missachten deine Jünger die Überlieferung der Alten? Denn sie waschen sich nicht die Hände vor dem Essen. 3 Er entgegnete ihnen: Warum missachtet denn ihr Gottes Gebot um eurer Überlieferung willen? 4 Gott hat gesagt: Ehre Vater und Mutter!, und: Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden. 5 Ihr aber lehrt: Wer zu Vater oder Mutter sagt: Was ich dir schulde, erkläre ich zur Opfergabe!, 6 der braucht seinen Vater oder seine Mutter nicht mehr zu ehren. Damit habt ihr Gottes Wort um eurer Überlieferung willen außer Kraft gesetzt. 7 Ihr Heuchler! Der Prophet Jesaja hatte Recht, als er über euch sagte: 8 Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. 9 Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen.” (Mt 15,3-9/EÜ)
Es kamen also einige Pharisäer und Schriftgelehrten zu Jesus, um sich mit Hinweis auf die “Überlieferung der Alten” bei Ihm über seine Jünger zu beschweren. Jesus erkannte jedoch sofort ihre Heuchelei. Den (bzw. diesen) Pharisäern und Schriftgelehrten ging es offensichtlich gar nicht wirklich um Gott und Seinen Willen. Das machte Jesus deutlich, indem Er auf ihre eigenmächtige Opfergaben-Lehre hinweist, die lediglich dazu diente, die von Gott gebotene Versorgung der eigenen Eltern durch frommwirkende Menschensatzungen zu umgehen.
Das Wort “Überlieferungen” ist ja erstmal neutral. Auch die Bibel selbst ist uns überliefert worden. In den ersten Jahrhunderten nach Christi Tod gab es zudem noch kein Neues Testament, sondern lediglich mündliche Überlieferungen und einige Briefe der Apostel. Von diesen Überlieferungen spricht z.B. Paulus im 1. Korintherbrief:
2 Ich lobe euch, dass ihr in allem an mich denkt und an den Überlieferungen festhaltet, wie ich sie euch übergeben habe.” (1. Kor 11,2/EÜ)
Das heißt also, dass Jesus nicht Überlieferungen im Allgemeinen kritisierte, sondern menschliche Traditionen bzw. Regeln, die nicht von Gott stammen und Seinem Willen widersprechen. Bei jeder Überlieferung ist also zu prüfen, ob sie göttlichen bzw. apostolischen Ursprungs ist. Und nur, wenn das der Fall ist, darf sie von der Kirche und damit von jedem Christen als verbindlich für das eigene Leben angesehen werden.
Der Zusammenhang zwischen (für den Glauben verbindlicher) Überlieferung und der Heiligen Schrift wird (wie bereits in Teil 1 zitiert) im Katechismus der Katholischen Kirche (siehe KKK #80-83) eingehend erläutert.
Nun noch zu folgender Aussage:
Der Katholizismus lehrt:
Die Heilige Schrift darf nur so verstanden werden, wie sie von der Kirche ausgelegt wird. Sie enthält Stellen, die vom Laien missverstanden werden können und ihm zum Schaden gereichen.
Das ist richtig. Das klingt zwar etwas nach (ungerechtfertigter) Bevormundung, macht aber Sinn unter der Voraussetzung, dass das kirchliche Lehramt die Hl. Schrift besser (bzw. irrtumsfreier) auslegen kann als der einzelne Christ. Und genau das behauptet die kath. Kirche. Dem kann man natürlich widersprechen und anderer Meinung sein. Schlussendlich zählt jedoch nicht WER Recht hat, sondern WAS wahr ist.
In der (heutigen) Praxis gibt es übrigens trotz der obigen Aussage eine recht große Pluralität bei der Bibelauslegung innerhalb der kath. Kirche (fast so wie bei den protestantischen Christen). Selbst kath. Theologen halten sich nicht immer an die Lehraussagen des kirchlichen Lehramts und verbreiten ihre “eigenen Lehren”. Das ist aus meiner Sicht sehr bedauerlich, da die meisten “modernen” Bibelauslegungen (z.B. nach der historisch-kritischen Methode) eben gerade nicht zu einem besseren Bibelverständnis führen und zudem sogar teilweise das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der biblischen Zeugnisse (durch unzureichend begründete Theorien) unnötig untergraben.
Jetzt aber zum nächsten Zitat:
Ist nicht zum Wachstum im Glauben persönliches Bibellesen nötig?
Dem kann ich nur zustimmen! Und das ist tatsächlich auch eine Schwäche in der kath. Kirche. Dieser Mangel wurde zwar beim 2. Vatikanischen Konzil erkannt, die bislang ergriffenen Maßnahmen sind aber m.E. noch nicht ausreichend. In diesem Punkt sind uns die Protestanten, allem voran die Freikirchen (noch) weit voraus und tatsächlich ein Vorbild.
Es ist aber auf jeden Fall nicht so wie das Zitat vermuten lässt, dass das persönliche Bibellesen in der kath. Kirche unerwünscht oder gar verboten wäre. Selbst, wenn ein Katholik die Bibel überhaupt nicht selbst lesen würde, dafür aber jede Woche in die Messe ginge (wie eigentlich vorgeschrieben) würde er durch die regelmäßigen und zahlreichen Lesungen im Laufe von 3 Jahren so gut wie die ganze Bibel gehört haben…
Zu:
Muss der Gläubige die Bibel von irgendeinem Menschen für sich auslegen lassen?
Johannes 16,13: “Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; … und das Kommende wird er euch verkündigen.”
V. 14: “Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen.”
Der Katholizismus lehrt:
Die römische Kirche ist die Hüterin des göttlichen Wortes, und sie ist es, der man die Heilige Schrift zu verdanken hat.
Natürlich müsste sich der Gläubige von niemanden die Bibel auslegen lassen, wenn er sie ohne fremde Hilfe (vollständig) richtig versteht. Es ist sicherlich richtig, dass viele Dinge in der Bibel für jedermann einfach verständlich sind. So z.B. die zehn Gebote oder die Bergpredigt. Es gibt aber auch eine ganze Reihe andere Stellen in der Bibel, die schwer verständlich oder leicht missverstanden werden können. So schrieb bereits Petrus:
“15 Seid überzeugt, dass die Geduld unseres Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; 16 es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen und die Unwissenden, die noch nicht gefestigt sind, verdrehen diese Stellen ebenso wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” (2. Petr 3,15-16/EÜ)
D.h. also, dass man durchaus persönlich Schaden nehmen kann, wenn man Teile der Bibel falsch versteht. Dazu kommt, dass z.B. die ersten Christen noch überhaupt kein Neues Testament hatten und das Alte Testament bei oberflächlichem Lesen überhaupt keinen Hinweis auf Jesus Christus beinhaltet. Die ersten Christen waren also darauf angewiesen, dass sie (von den Aposteln und ihren Mitarbeitern) gelehrt und ihnen die Schrift (damals das Alte Testament) auf Christus hin ausgelegt wurde. Ist ja eigentlich auch eine tolle Sache, wenn man da eine Hilfestellung von erfahreneren Christen bekommt, oder?
Wenn es wirklich so wäre wie Brooks offenbar annimmt, nämlich dass der in jedem Christen wohnende Hl. Geist dazu da sei, um die Bibel irrtumsfrei verstehen und interpretieren zu können, warum gibt es dann selbst bzw. gerade bei den Protestanten so viel Uneinigkeit und Spaltungen bzgl. Lehrfragen? Die obige von Brooks zitierte Bibelstelle in Joh 16,13 kann aufgrund dieser nachweislichen Widersprüche mit Sicherheit nicht aussagen, dass wir außer dem H. Geist keine Lehrer benötigen würden. Ansonsten würde die Schrift lügen (und auch die protestantischen Lehrer wären im Übrigen überflüssig). Der Hl. Geist leitet zwar tatsächlich in die ganze Wahrheit, aber eben nicht unbedingt jeden einzelnen Christen für sich, sondern offensichtlich nur die (apostolische) Kirche im Gesamten.
Dazu ein Beispiel aus dem Neuen Testament: Als damals noch unklar war, ob man Nicht-Juden erst beschneiden müsse, bevor sie Christen werden könnten hat sich keiner der damaligen Christen, selbst die Apostel nicht, einfach auf seinen innewohnenden Hl. Geist verlassen. Um diese Lehrfrage zu beantworten, berieten sich die Apostel mit den Leitern der damals führenden Gemeinde (in Jerusalem) und beriefen damit quasi das erste Kirchenkonzil ein:
“6 Die Apostel und die Ältesten traten zusammen, um die Frage zu prüfen. 7 Als ein heftiger Streit entstand, erhob sich Petrus und sagte zu ihnen: Brüder, wie ihr wisst, hat Gott schon längst hier bei euch die Entscheidung getroffen, dass die Heiden durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und zum Glauben gelangen sollen. 8 Und Gott, der die Herzen kennt, bestätigte dies, indem er ihnen ebenso wie uns den Heiligen Geist gab. 9 Er machte keinerlei Unterschied zwischen uns und ihnen; denn er hat ihre Herzen durch den Glauben gereinigt. 10 Warum stellt ihr also jetzt Gott auf die Probe und legt den Jüngern ein Joch auf den Nacken, das weder unsere Väter noch wir tragen konnten? 11 Wir glauben im Gegenteil, durch die Gnade Jesu, des Herrn, gerettet zu werden, auf die gleiche Weise wie jene. 12 Da schwieg die ganze Versammlung. Und sie hörten Barnabas und Paulus zu, wie sie erzählten, welch große Zeichen und Wunder Gott durch sie unter den Heiden getan hatte. 13 Als sie geendet hatten, nahm Jakobus das Wort und sagte: Brüder, hört mich an! 14 Simon hat berichtet, dass Gott selbst zuerst eingegriffen hat, um aus den Heiden ein Volk für seinen Namen zu gewinnen. 15 Damit stimmen die Worte der Propheten überein, die geschrieben haben: 16 Danach werde ich mich umwenden und die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten; ich werde sie aus ihren Trümmern wieder aufrichten und werde sie wiederherstellen, 17 damit die übrigen Menschen den Herrn suchen, auch alle Völker, über denen mein Name ausgerufen ist – spricht der Herr, der das ausführt, 18 was ihm seit Ewigkeit bekannt ist. 19 Darum halte ich es für richtig, den Heiden, die sich zu Gott bekehren, keine Lasten aufzubürden; 20 man weise sie nur an, Verunreinigung durch Götzen(opferfleisch) und Unzucht zu meiden und weder Ersticktes noch Blut zu essen. 21 Denn Mose hat seit ältesten Zeiten in jeder Stadt seine Verkündiger, da er in den Synagogen an jedem Sabbat verlesen wird.
22 Da beschlossen die Apostel und die Ältesten zusammen mit der ganzen Gemeinde, Männer aus ihrer Mitte auszuwählen und sie zusammen mit Paulus und Barnabas nach Antiochia zu senden, nämlich Judas, genannt Barsabbas, und Silas, führende Männer unter den Brüdern. 23 Sie gaben ihnen folgendes Schreiben mit: Die Apostel und die Ältesten, eure Brüder, grüßen die Brüder aus dem Heidentum in Antiochia, in Syrien und Zilizien. 24 Wir haben gehört, dass einige von uns, denen wir keinen Auftrag erteilt haben, euch mit ihren Reden beunruhigt und eure Gemüter erregt haben. 25 Deshalb haben wir uns geeinigt und beschlossen, Männer auszuwählen und zusammen mit unseren lieben Brüdern Barnabas und Paulus zu euch zu schicken, 26 die beide für den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, ihr Leben eingesetzt haben. 27 Wir haben Judas und Silas abgesandt, die euch das Gleiche auch mündlich mitteilen sollen. 28 Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: 29 Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden. Wenn ihr euch davor hütet, handelt ihr richtig. Lebt wohl!” (Apg 15,6-29/EÜ)
Ganz offensichtlich gingen die Apostel davon aus, dass diese Lehrfrage nicht einfach nur durch sie selbst, sondern durch den Hl. Geist entschieden wurde (siehe oben in Vers 28). Der Geist Gottes führt offenbar nicht jeden einzelnen Christen für sich zur “ganzen Wahrheit”, sondern die Gemeinschaft der (von Gott eingesetzten) Leiter der Kirche (damals also die Apostel und Ältesten).
Und genau so ist im Übrigen die kath. Kirche auch bei späteren Meinungsverschiedenheiten oder Unklarheiten in Lehr- oder Auslegungsfragen der Hl. Schrift vorgegangen. Sie hat Konzile bzw. Synoden zur Klärung einberufen, bei denen sich die Bischöfe (als Nachfolger der Apostel) über Streitfragen berieten. Und sie ist nach abschließender Klärung der Fragen dann davon ausgegangen, dass der Hl. Geist, also Gott selbst, die Kirche zur Wahrheit geführt hat. So sind dann die noch heute gültigen Dogmen, d.h. für die Gesamtkirche verbindlichen Lehrsätze entstanden. Dogmen sind also keine willkürlichen Meinungen einiger weniger Kirchenvertreter (selbst die wenigen sog. unfehlbaren Lehrentscheide der Päpste wurden in aller Regel in Gemeinschaft mit den Bischöfen vorbereitet und mitentschieden), sondern das Ergebnis innerkirchlicher – oft langwieriger – Auseinandersetzungen, die dann jedoch letztendlich vom Hl. Geist als wahr bestätigt wurden.
Ein letztes Beispiel: So ziemlich alle christlichen Konfessionen glauben, dass Gott dreieinig ist. D.h. sie glauben an das verstandesgemäß kaum begreifbare “Mysterium”, dass der einzig wahre Gott aus drei “Personen”, nämlich dem Vater, dem Sohn und dem Hl. Geist “besteht”. Dies ist jedoch aus der Bibel nicht wirklich klar ersichtlich (nicht umsonst gab es schon immer und gibt es auch heute noch christliche Sekten, die dieser Lehre widersprechen). Die allgemein überkonfessionell anerkannte Lehre von der Dreieinigkeit Gottes ist nicht nur eine sehr grundlegende Lehre, sondern vor allem auch eine ureigenst katholische Lehre. Sie wurde auf mehreren Konzilien über Jahrzehnte hinweg diskutiert und festgelegt. Von dem her müsste man diese Lehre eigentlich auch mehr als kirchliche “Überlieferung” als eine klare Lehre der Bibel bezeichnen (auch wenn es natürlich richtig ist – wie bei jeder kirchlichen Lehre bzw. Dogma -, dass sie der Bibel nicht widerspricht, sondern im Gegenteil aus ihr erwächst).
Auf den folgenden letzten Satz des obigen Zitats werde ich übrigens erst in der nächsten Folge (im Zusammenhang mit der Frage “Woher stammt die Bibel?”) genauer eingehen:
Der Katholizismus lehrt:
Die römische Kirche ist die Hüterin des göttlichen Wortes, und sie ist es, der man die Heilige Schrift zu verdanken hat.
Zum Schluss noch ein Buchtipp (wirklich sehr empfehlenswert und gut zu lesen):
Fortsetzung folgt in Teil 3.
Philip
Hallo Stefan,
Diese katholische Lehre halte ich gerade für problematisch, weil sie so eine Art Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen beansprucht. Und das, denke ich, kann nicht sein, denn Jesus Christus ist der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen (1. Timotheus 2,5).
Gott lehrt uns durch Christus und das kann auf sehr vielfältige Weise geschehen. Natürlich lehrt er somit auch durch Menschen, die von Christus ergriffen sind. Aber Wahrheit wird nicht durch die katholische Kirche verwaltet, sondern wird jedem einzelnen ausschließlich durch Christus vermittelt. Und es gibt keine Autorität, die zwischen Jesus und einem Menschen steht.
Wahrheit ist nichts, was für uns einfach verfügbar ist. Wahrheit ist etwas, um das wir uns mühen müssen und Anstrengung erfordert. Und ich denke inzwischen, dass das auch Gottes Absicht ist, dass wir da an unsere Grenzen kommen.
Die Frucht, die unser Leben hervorbringen soll, kommt auch aus dem mühevollen Ringen um die Wahrheit.
Stef
Hi Philip,
schön, von Dir mal wieder zu hören 😉
Zu Deinem Kommentar:
Ja, Jesus ist der (einzige) Mittler zwischen Gott und den Menschen. Aber auf was bezieht sich diese Aussage?
Jesus ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen bzgl. der ERLÖSUNG (der Menschen), während die Apostel IM AUFTRAG und in der VOLLMACHT Jesus gelehrt haben. Die ersten Christen haben keine Bibel in die Hand gedrückt bekommen, um darin selbst die Wahrheit herauszufinden (ganz abgesehen davon, dass das NT erst später entstand), sondern sie wurden von den Aposteln und ihren Mitarbeiter bzw. später von den eingesetzten Ältesten/Bischöfen im Glauben unterwiesen. Die Bibel ist eine wichtige und eine ganz besondere Glaubensgrundlage, aber eben nicht alles und kann aufgrund des Interpretationsspielraums bzw. Missverständnissen darum NICHT der ALLEINIGE Maßstab des Glaubens sein.
D.h. NICHT, dass wir nicht selbst nach der Wahrheit, auch die in der Bibel offenbarte, suchen und ringen sollen (es gibt übrigens eine ganze Menge, was die kath. Kirche dogmatisch gar nicht festgelegt hat), aber es heißt, dass wir uns unseren Lehrern auch unterordnen sollen:
Diese Unterordnung betrifft auch die verkündete Lehre (sofern sie der apostolischen, d.h. kath. Lehre entspricht, schließlich können ja auch einzelne Bischöfe irren oder fehl gehen; das ist aber keine Sache des Einzelnen, dies verbindlich zu entscheiden).
Denn Jesus spricht zu den Aposteln (was dann natürlich auch für ihre Nachfolger, die Bischöfe gilt):
D.h. die Bischöfe haben also von Jesus eine Vollmacht erhalten. Und zwar die gleiche wie sie Jesus vom Vater hatte. Und das ist u.a. die Vollmacht zu lehren.
In der Praxis ist das jetzt aber nicht so wie sich das viele Protestanten ausmalen. Es ist nicht so, dass Katholiken “dumm gehalten” werden und sich keine eigene Meinung bilden dürften. Und letztendlich müssen auch Katholiken (gemäß kirchlicher Lehre) nach ihrem Gewissen leben. Wenn man aber eigenmächtig von der kath. Lehre abweichen will, dann muss man das vor Gott verantworten können. Auch in der kath. Kirche geht es um Wahrheit und Liebe!
Stef
PS: Und natürlich habe ich z.B. als Vater – und nicht die Bibel – die Aufgabe, meine Söhne im Glauben zu unterweisen. Damit stehe ich NICHT als Mittler zwischen Jesus und meinen Söhnen. Ich bin lediglich der Lehrer. Natürlich kann ich da Fehler machen, aber anders geht es eben nicht. Und bei allen Menschen, die nicht (die Bibel selbst) lesen können übrigens auch nicht…
Stef
PPS: Vielleicht noch eine Aussage Jesu, die klar macht, dass mit Seiner Mittlerschaft der Weg zum Vater gemeint ist:
Als Jesus noch auf der Erde lebte, war ER natürlich der Lehrer. Und Er bleibt auch heute noch DER Lehrer. Aber da Er in den Himmel aufgefahren ist, hat Er vorher die Apostel – ausgestattet mit dem Hl. Geist – als Lehrer in die Welt gesandt:
Und natürlich waren die Apostel beauftragt nur das zu lehren, was Jesus gelehrt hat. Und das Gleiche gilt heute für die Nachfolger der Apostel, die Bischöfe.
Stef
Kleine Korrektur: Die von mir in diesem Artikel zitierte Bibelstelle “Joh 3,16” habe ich korrigiert zu “Joh 16,13” (siehe “Die obige von Brooks zitierte Bibelstelle in Joh (…)”.